Dienstag, 25. November 2014

Hoch-zeits-Torte und die Kardinaltugenden

Torte in Arbeit
Anlässlich einer Hochzeit, für deren Zustandekommen ich von Herzen gerne `die Daumen gedrückt´ hatte, versprach ich, ohne lange nachzudenken, eine Hochzeitstorte herzustellen. Es würde die erste in meinem Leben werden...


...eine Woche vor der Hochzeit begegnete mir (während einem Biografie-Wochenende)  Gedanken zu den vier Kardinaltugenden, die mich - als weisheitsvolle Ergänzung zur Liebe empfunden - so begeisterten, dass ich einen Entwurf für eine Hochzeitsrede schrieb, die in einem gleichnishaften Bild endete. Das dann die innere Vorlage für eine Motiv-Hoczeitstorte wurde...


Die o.g. Rede:
" Liebe .... (Braut) , du kommst aus einem großen und großartigem Land, hast in den mittleren Bergen des Himalaya und in der riesengroßen Hauptstadt Delhi viel und unterschiedliches gelernt. Doch wolltest du immer weiter lernen, deinen Horizont neu erweitern und zogst fast um die halbe Welt: nach X.-land.
Lieber .... (Bräutigam) , dorthin hatte es auch dich (und auch aus ähnlichen Gründen) gezogen: Horizont erweitern, entdecken und lernen was „zuhause“ (so) nicht erlern- und erfahrbar ist. Lernen, was über das bloße Wissen hinaus geht, über den Tellerrand des (Bücher- und Kopf-)Wissens schauen, über den Horizont der Welt des Wissens hinaus wachsen…
Das klingt auf den ersten Blick vielleicht etwas paradox. Aber wer nicht - wie einst Columbus - mutig und zugleich besonnen die „flache Scheibe“ der Welt des untätigen Wissens hinter sich lässt, wird nicht entdecken können, dass die Welt um mindestens eine Dimension runder ist. Columbus hat seinen Dimensionssprung gewagt. Nicht nur im Kopf und in seinen Träumen. Er wollte einen neuen Weg nach Indien finden und hat dabei der Menschheit die ganze Welt ent-deckt. Durch dieses aktiv gelebte Erweitern seines Horizontes hat er ja mehr entdeckt (und anderen zu entdecken geholfen) als ihm damals bewusst war.

Wenn zwei Menschen heiraten, sagen sie (auf Deutsch) „Wir trauen uns!“. Und so, wie Columbus sich traute aufzubrechen und die bekannte Welt - trotz aller Unkenrufe und Widerstände seiner Umgebung - zu verlassen (auch, um der Menschheit damit einen Dienst zu erweisen), so befindet sich, wer sich gemeinsam traut, auch am Beginn einer teils wunderbaren und teils abenteuerlichen Reise.
Manche sprechen vom „Hafen der Ehe“ indem sie angekommen seien. Und richten sich dann - z.B. vom gewohnten Land her in den Hafen kommend - wohnlich darin ein, statt sich in ihm auf eine große gemeinsame Reise vorzubereiten. Wer sich aber wirklich gemeinsam traut, kann es halten wie Columbus: In See stechen, sich gemeinsam in das Meer des Lebens wagen, sowohl Übermut als auch Feigheit wacker hinter sich lassend, immer wieder gemeinsam neue Horizonte des Lebens erobernd.
Schule und Uni machen ja oft den Eindruck, als ob dort (fast) alles fürs Leben zu lernen sei und man sich hinterher auf den Lorbeeren des dort Gelernten für den Rest des Lebens ausruhen könnte. Dabei geht das Lernen danach ja erst so richtig los!
Wenn ich sehe und erahne, wie viel ihr beide seit Schottland an neuen inneren und äußeren Perspektiven dazugewinnen konntet, wünsche ich euch mit wirklich begründeter Vorfreude auf euren wachsenden Weg ein reichhaltiges Lernen am realen Leben, ein gemeinsames Hinauswachsen über Wissenshorizonte, ein Hineinwachsen und Aufblühen in die Weisheit des Lebens! Und für das Gelingen all der kleinen und größeren Dimensionssprünge von der „Erdscheibe“ des Wissens in die sphärisch-runde Welt des Lebens wünsche ich euch für den jeweils rechten Augenblick ein mutiges und wacker-kraftvolles Herz, sozusagen ein Columbus-Herz das besonnen den Kurs zwischen polterndem Übermut und schleichender Feigheit ansteuern kann.
Und wie Columbus sich damals auf dem Weg ins Unbekannte am Sternenhimmel orientierte, mögen euch immer wieder klar leuchtende Aspekte der im Grunde alle Menschen umfassenden und jeden betreffenden Gerechtigkeit helfen das Schiff eurer Ehe durch Sonne, Wind und Wellen des Lebens zu steuern!
Zusätzlich zu den Winden und Strömungen des Lebens steht euch als Kraftzentrum und sonniger „Motor“ die schöpferisch-produktive, je und je neu zukunftseröffnende, -befruchtende Liebe zur Verfügung.

Zu einem Bild verdichtet, stellt sich mir ein Kompass für das Schiff eurer Ehe vors innere Auge:

Im Zentrum die Liebe. Umgeben von vier „Himmelsrichtungen“, von den vier Tugenden,
die sich schon für Platon als die wesentlichsten herausgestellt haben.
Lebensweisheit : das ewig belebende „Gespräch“ zwischen (neu-)Erkennen und Handeln.
Allumfassende Gerechtigkeit : Hochalten der Würde des anderen, der eigenen menschlichen Würde und der des Menschseins an sich.
Tapferkeit : Wacker den (nicht mittelmäßigen!) Mittelweg zwischen Tollkühnheit und Feigheit gehen.
Besonnenheit : Mit dem Augenmaß lebensvoller Mäßigung die goldene Mitte zwischen Ausschweifung und Askese finden. "


Schon im Laufe der Recherchen in Tortenforen ahnte ich, dass es nun erst mal an mir sei, diese vier Tugenden praktisch zu üben.
Nun, ich hatte mich `getraut´ und legte los. Die Gegebenheiten des tatsächlichen Lebens ließen mich immer wieder den nächsten Schritt neu überdenken. Und wenn eine nie von mir geübte Technik oder ein noch nie eingesetztes Material sich als Hürde erwies, ging es doch Schritt um Schritt wacker weiter: zugleich Besonnenheit anstrebend (das Augenmaß war - ob der mangelnden Erfahrung - nicht immer von Erfolg gekrönt).

3. Tag: Fondant ausrollen
Da die weiße Masse, die die Umhüllung und zugleich den Untergrund der Gestaltung abgeben sollte, nicht ganz ausreichte, nahm ich die rote hinzu und knetete erneut...

Beim erneuten Ausrollen entstand eine schöne "Marmorierung" die mir so gut gefiel, dass ich das Bild vom "Kompass" verwarf.

die untere `Etage´


zu diesem Ergebnis passte der Text nicht so ganz - aber um so mehr zu dem Weg, wie die Torte entstanden ist

Kurz vor dem Anschneiden der Torte fanden die beiden Neuvermälten so zu Herzen gehende Worte, dass ich gerne darauf verzichtete die Rede vorzulesen und zu erzählen, wie alles anders und doch genau richtig kam.

eine humorvoll bebilderte Homage an "Desiderata"