Montag, 31. Mai 2010

Vorurteile, Erlebnisbeschreibung, Wahrheitsfindung

Vor(zeitige)urteile sind meiner Ansicht nach lebensnotwendig. Ich kann nicht immer warten, bis ich mir ganz sicher sein kann, nun das einzig der Wahrheit vollkommen entsprechende Urteil fällen zu können.
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Zudem komme ich oft zu einem reifen Urteil gar nicht ohne anfängliches Urteilen.
Da Wahrheit meist viele Seiten und Ansichten hat, muss ich gezwungener Maßen den Weg um die Wahrheit rundherum beschreiten und Ansicht um Ansicht einehmen und (zumindest anfänglich) beurteilen. Erst aus einer Gesamtschau können sich alle Ansichten gegenseitig ergänzen und korrigieren.
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Ob unser Kopf (halbwegs) rund ist, um ihn, ähnlich wie eine 360°-Kinokugel, für ganzheitliche Wahrheitsfindung nutzen zu können?
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Zur richtigen Zeit und am richtigen (ineren) Ort sind Vorurteile - als Arbeitshypothese gesehen - etwas gutes, ja: notwendiges!
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Schwierig kann es werden, wenn ich aus dem Bewusstsein verliere, dass ich mir "nur" ein Vor(läufiges)urteil gebildet hatte. Und dann in Versuchung gerate damit so umzugehen, als sei es ein endgültiges Urteil. Woraus dann die nächste Versuchung erwachsen kann, dass ich es (vielleicht auch ohne es mir recht bewusst zu machen) wie ein Dogma einsetze.
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Daran kann man sehen, das etwas Gutes nicht immer Gut sein muss. Dass es nur dann gut ist, wenn es zur richtigen Zeit am richtigen Ort im richtigen Maß zur Wirkung gebracht wird.
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Das kann man auch bei Kindern lernen. Was gut und richtig ist einem Kind mit 3 Jahren vorzuleben kann schon 2 Jahre später etwas daneben sein. Und nochmal einige Jahre später sogar völlig kontraproduktiv wirken.

Das ist Leben. Das ist Weg. Beides kann uns zur Wahrheit führen. Christus ist selbst alles drei (laut der "Ich-Bin-Worte" des Johannesevangeliums).
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Die innere Gewichtung dieser drei zueinander fällt uns oft ähnlich schwer wie unser Denken, Fühlen und Wollen so aufeinander abzustimmen, dass ein richtiger Dreiklang entsteht.
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Ob man wohl in Erlebnissen mit Kindern auch einen Anklang vom größten aller Dreiklänge heraushören oder herauslasuchen kann? Einen zarten Anklang von (Gott)Vater, (Seinem)Sohn und (Heiligem)Geist ...?
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Wenn man möglichst auf Vor(läufige)urteile verzichten üben will, bieten sich tatsächliche Erlebnisse wunderbar dazu an, sie z.B. so gewissenhaft wie möglich interpretationsfrei zu schildern (alles, was einem an Interpretation "in den Fingern juckt" kann man ja sepparat formulieren). Dieser freie Verzicht auf alles was im Erlebnis nicht tatsächlich erlebt wurde/wird, gehört zu den Fingerübungen der Biografie-Arbeit.

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eine humorvoll bebilderte Homage an "Desiderata"